Sonntag, 4. Mai 2014

Den Käfig der Angst überwinden

 A N G S T

 

Eingehüllt in Dunkelheit steht er schier unüberwindbar da - der Käfig der Angst. Es ist, als würde er dich erdrücken, nicht nach links noch nach rechts kannst du gehen. Auch wenn man sieht was außerhalb geschieht, sind dort immer diese schweren Grenzen der Angst. Nach oben ist der Himmel sichtbar, aber du kannst nicht hinaus. Auch in die Ferne kannst du blicken - aber der Weg ist nicht frei. Die Sonne scheint nicht mehr für dich und die Freude am Leben wird dir langsam geraubt - wie einem exotischem Tier, das man gefangen hält. Das Licht, das dich am Leben hält ist die diffuse Spiegelung des Schimmers des Mondes in der Ferne und deine Augen haben sich schon an die Dunkelheit gewöhnt. Die Stimmen um dich herum sagen dir " komm doch hinaus" und du fragst dich, ob sie denn nicht die schweren Grenzen deines Käfigs sehen können. Du drehst dich im Kreis und willst kämpfen - aber gegen was, sind die schweren, unüberwindbaren Grenzen doch für niemanden außer dir sichtbar. Das Atmen fällt dir schwer und zu dem Käfig der Angst gesellt sich eine Decke der Resignation. Der Himmel ist nicht mehr sichtbar und nur noch an wenigen Stellen siehst du durch die gußeisernen Stangen des Käfigs einen Weg, der scheinbar im Nichts verläuft. Ein weiterer Freund gesellt sich nun hinzu - die Isolation. Die Stimmen die, dich hinausrufen wollten um doch den Käfig zu verlassen, verstummen und alles was du noch wahrnimmst ist das Pochen deines eigenen Herzens und eine leise kaum noch wahrnehmbare Stimme in dir spricht - "warum Herr..." Die Zeit vergeht, alles was du noch hörst ist das stille Seufzen deiner Atmung und den müden Herzschlag deines Herzens, da klopft ein weiterer Gast an die Türe, namens Einschüchterung. Provokant zischt sie dir entgegen, "das ist das Ende mit dir, selbst dein Körper versagt dir den Dienst..." und so erwidert die Angst der Einschüchterung " Ich danke dir mein guter Freund, ich werde darauf achten, dass mein Herz mir den Dienst nicht versagt" und so findest du dich am Boden kauernd wieder unter einer Decke der Resignation, isoliert von aller Welt, wie du versuchst Kraft deiner Gedanken deinen Herzschlag aufrecht zu erhalten. Da klopft es ein weiteres Mal an die schweren Tore des Käfigs und Fräulein Scham steht an der Türe. Mit vorwurfsvoller Stimme fragt sie dich "Das wirst du doch wohl niemanden erzählen, was sollen die Leute von dir denken?" und dein Freund, die Isolation reibt sich die Hände, denn Fräulein Scham hat ihm gerade ordentlich den Ball zugespielt. Schwere Schritte ertönen und eine dunkle Gestalt betritt den Käfig: "Darf ich mich vorstellen mein Name ist Depression..." mit lebensmüden Augen schaust du ihr entgegen und flüsterst "Was kann ich für dich tun.." Als sie dir mit verständnisvollem Blick einen Krug mit Gift hinhält und sagt "Mach dem ganzen doch ein Ende..."



Warum schreibe ich diese  Geschichte? Seitdem ich hier bin habe ich mich immer wieder gefragt, warum ich so viele Jahre mit Ängsten verbracht habe, woran es liegt und wie es der Teufel schafft uns in dieser grausamen Position der Angst verharren zu lassen.

Jeder der schon einmal mit Angst zu kämpfen hatte, wird sich in dem ein oder anderen Punkt wieder erkennen. Ich habe viele Jahre immer wieder mit Angst zu kämpfen gehabt und habe das auch heute noch manchesmal, aber nicht mehr in dem selben Ausmaß wie früher.  Die Bibel aber sagt uns ganz klar:


Der Dieb kommt, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten. Ich aber bringe Leben - und dies im Überfluss.
Johannes 10,10 


Warum aber, wenn wir doch Jesus haben und dieser uns zusagt das Leben im Überfluss zu bringen, haben einige unter uns dennoch Ängste, Depressionen ja sogar manch einer Selbstmordgedanken? Bedeutet das, dass wir keine guten Christen sind? Nicht genug in der Bibel lesen, Jesus nicht genug suchen? Und wenn Jesus uns doch schon sagt, dass der Feind nur kommt um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten, warum fühlt es sich dann manchmal so an, als würde Er uns in unserer Angst alleine lassen?






Ich kann sagen, in den schlimmsten Zeiten meiner Angst  war ich so alleine wie nie, aber es waren auch die Geburtsstunden für einen tieferen Glauben an Gott, eine Zeit der Bewährung und eine Zeit der innigen Beziehung mit Jesus. In den Zeiten, in denen ich auf nichts mehr trauen konnte, nicht einmal mehr auf meine eigenen Sinne, begann ich mich mehr und mehr nach Jesus zu sehnen. Ich sage nicht, dass er will, dass wir leiden oder Angst haben, sondern dass dies auch eine Chance sein kann. Jetzt bleibt jedoch die Frage, wie komme ich aus dieser Situation und aus dieser Abwärtsspirale der Angst wieder hinaus - und auch wenn ich nun wieder ein bisschen aus meinem Leben erzählen muss um meine Gedankengänge zu erklären, hoffe ich doch, dass euch dies nicht zu lange wird.



1. Äußere Einflüsse

Irgendwie war ich wohl immer etwas sensibler für Ängste und so kam es aufgrund einer Mischung verschiedener Faktoren wie Stress, falsche Ernährung, zu viel Kaffee und (damals noch) Zigaretten, wohl auch dazu,  - dass die Angst mir eines Tages den garaus machte  -. Es ist wichtig zu verstehen, dass Angst nicht einfach nur so kommt sondern auch wir durch unsere Lebensweise einen gewissen Einfluss darauf haben. Hinzu kam ein gewisser Druck, den ich mir durch meine eigenen Erwartungen an mich machte bzw. Druck, von dem ich dachte, dass ihn andere ausüben, perfekt sein zu müssen.
Es waren also keine ausgesprochenen Erwartungen, sondern angenommene Erwartungen, welche in mir einen gewissen Perfektionismus verursachten. Ich persönlich habe eine Tendenz dazu, keine Grenzen zu setzen und es fällt mir schwer NEIN zu sagen und so kommt noch hinzu, dass ich ständig über meine eigenen Leistungsgrenzen gegangen bin und geradezu ein Magnet für Menschen mit Hilfebedürfnis war. Ein falsches Verständis des Evangeliums führte also häufig dazu, dass ich mich für alles verantwortlich fühlte und mein Innerstes nicht ausreichend verstand, dass alleine Jesus genug ist und ich niemanden mehr retten muss.Die Angst hatte den richtigen Nährboden gefunden um zu wachsen und so kam es dass sie es schaffte mich mehr und mehr zu lähmen.


Kennt ihr alle den Witz der Blondine beim Friseur? 
Eine Blondine geht mit einem Kopfhörer auf dem Kopf zum Friseur.
Friseur: "Tut mir leid. Die Kopfhörer müssen Sie leider abnehmen."
Blondine: "Nein! Auf gar keinen Fall!"
Der Friseur versucht die Haare zu schneiden doch es geht nicht. 
Völlig entnervt nimmt er ihr einfach den Kopfhörer ab. 
Daraufhin läuft die Blondine allmählich blau an und kippt nach ca. 30 Sekunden um.In Panik untersucht der Friseur den Kopfhörer und hört: "Einatmen, ausatmen ..."

Alle Blondinen mögen mir an dieser Stelle bitte verzeihen  und dies nicht persönoich nehmnen:-)))

 2. Gemeinschaft

Für mich war dieser wirklich dumme Witz schreckliche Wahrheit geworden. Irgendetwas in mir redete mir, ein ich müsse an jeden einzelnen Atemzug denken sonst würde ich ersticken. Dieser Gedanke wurde so stark, dass ich nur noch ungern mit Menschen redete.Der Atem stockte mir ständig und ich hatte in fast jeder Minute des Tages Angst zu sterben. Ich hielt mich selbst für völlig verrückt und versuchte nur noch meiner Arbeit nachzugehen und mich danach mit meinem Freund - der Isolation - gemeinsam aufs Sofa zu legen und möglichst bald einzuschlafen. Freunde wollte ich nicht mehr sehen und nach dem Gottesdienst wollte ich auch nur möglichst schnell wieder nach Hause - ich entschied mich für die Isolation - Die Lüge redetet mir ein, dass ich nur eine Last für meine Freunde sein.



3. Ratgeber

Eines Tages wurde ich wach und ich war krank. Mir war schwindlig, aber nicht etwa nur ein bisschen oder bewegungsabhängig - nein, die ganze Zeit. Kein Arzt konnte mir sagen was ich hatte und so folgte eine Odysee von Ärzten. Es wurde nicht besser und nach drei Wochen Krankenhaus kam ich auf Reha. Ich zog mich weiter zurück - ich wollte keine Besucher während der Reha und ich machte Gott viele Vorwürfe. Ich steigerte mich in Sport, jede freie Minute quälte ich mich mit Sport um mich abzulenken.

Da es sich um keine christliche Reha handelte, sondern um eine rein  psychosomatische, waren die Ärzte meinem Glauben gegenüber skeptisch eingestellt und auch ich kam an den Punkt wo mein Glaube erneut auf dem Prüfstand war. Ich las Bücher diverser Psychologen zum Thema Angst, führte Angsttagebücher und machte Persönlichkeitstests.Viele Stimmen versuchten mir zu erklären was mit mir los ist und dass viele junge Menschen heutzutage an Burnout und Panikattacken leiden.  Aber gleichzeitig begann auch ein Prozess, in dem ich Gott von tiefstem Herzen suchte und während dieser Zeit hatte ich immer nur einen Satz in meinem Kopf:
Jesus Christus die Hoffnung der Herrlichkeit in uns!

 Als ich aus der Reha kam war es schlimmer als vorher - ich war so in meiner Angst gefangen, dass ich mich nicht mehr alleine aus dem Haus traute. In diesem Jahr sind wir auf eine Gemeindefreizeit nach Kroatien gefahren - während der Fahrt hatte ich eine Panikattacke (Herzrasen, Atemnot, Schwitzen etc) nach der nächsten und so bat ich unsere Fahrerin doch bitte rechts ranzufahren, damit ich mich auf den Boden setzten könne, weil die Berge, die rechts und links der Straße waren, mich förmlich erschlagen haben - Es kann sich niemand vorstellen, durch welche Qualen ich gegangen bin und wie sehr ich an mir selbst gezweifelt habe - alles begann ich zu  hinterfragen und zu bezweifeln.


Wieder zurück von der Freizeit besuchte mich "Fräulein Scham" und ich wollte mich nur noch verstecken. Meine Arbeitsstelle hatte ich schon während der Reha gekündigt und jetzt lag ich nur noch zu Hause und hoffte, dass die Tage vergehen. Auch Resignation und Depression leisteten mir gerne Gesellschaft und eigentlich wollte ich nicht mehr wirklich weiter leben.

3 Entscheidung und Kampf

Eines Tages schrie ich zu Gott. Ich war bereit meinem Leben entweder ein Ende zu bereiten oder mit voller Wucht gegen die Wand zu rennen und mich allem zu stellen. Ich zog mich an und ging zum ersten Mal seit langem zur Haustüre, um alleine das Haus zu verlassen - zweimal habe ich versucht das Haus zu verlassen - jedes Mal stand ich am Ende Tränen überströmt im Flur - ich konnte es nicht.  Ein drittes mal versuchte ich es, ich ignorierte mein tränenverschmiertes Makeup und rannte so schnell es ging durch die Türe, schlug sie hinter mir zu und ging so schnell ich konnte Richtung Straßenbahnhaltestelle. Auf wackligen Beinen stand ich nun da und was war passiert ??? NICHTS - Genau - NICHTS
 

Eine der häufigsten Aufforderungen der Bibel ist es keine Angst zu haben - Gott sagt zu Josua - fürchte dich nicht. ER spricht zu Maria hab keine Angst - ER sagt zu den Hirten auf dem Felde fürchtet Euch nicht! In Jesaja 41,10 sagt er: Fürchte dich nicht, ich bin mit dir weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit. Eine meiner Lieblingsstellen in jener Zeit war jedoch die folgende
 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
2. Tim 1,7

Angst sucht Beachtung - um so weniger wir sie beachten, um so  mehr schwindet sie!! 


Es war im Jahr 2012, als Bärbel, die Frau unseres Pastors, mich fragte ob ich Lust hätte zu einer Gemeindeeröffnung nach Marseille zu fliegen. Seit Jahren war ich nicht mehr geflogen und die Angst war da - ich hatte mir in den vergangenen Jahren Stück für Stück Land zurück erobert - aber fliegen???Der Feind versuchte es abermals -aber kaum hatte ich die Entscheidung getroffen wurde wieder eine der Stangen des Käfigs der Angst zerstört und mit jedem Schritt den ich im Glauben tat, wurde der Käfig kleiner - manchmal versucht er mich noch einzufangen - aber ich habe dazu gelernt!!! Es war und ist noch so manchesmal ein steiniger Weg und manchmal sind es die kleinen Entscheidungen entlang des Weges die uns befähigen nicht aufzugeben und die uns wachsen lassen.



 Ich kenne viele Menschen, die mit Ängsten und Panikattacken kämpfen. Wenn du in einem Käfig der Verzweiflung und Angst sitzt, dann gib nicht auf sondern nutze diese Zeit um tiefe Fundamente im Glauben zu legen, lass dich nicht einschüchtern und gehe mutig voran - denn es gibt Licht am Ende des Tunnels. Bleibe in der Gemeinschaft mit deinen Geschwistern und Freunden, isoliere dich nicht, suche dir gute Ratgeber und proklamiere das Wort Gottes, kämpfe und gebe nicht auf. Gott hat uns geschaffen um zu "fliegen" und ein Leben in Fülle zu leben - Die  perfekte Liebe treibt jede Furcht aus - lass dich fallen in die liebenden Arme deines Vaters! Auch ich darf dies gerade mehr und mehr lernen und es ist nicht so dass ich keine Ängste mehr habe - aber ich beachte sie weniger.